Gegenstand unserer Klage vor dem VG Sigmaringen war die Einkesselung einer größeren Personengruppe, welche am Stuttgarter Messegelände gegen den Bundesparteitag der AfD demonstrierte. Darunter befand sich auch der von uns vertretene Kläger.
Das Verwaltungsgericht hat die polizeiliche Einschließung entsprechend unserer Argumentation bereits deshalb für rechtswidrig erachtet, weil der Einkesselungsmaßnahme keine Auflösung der Versammlung vorangegangen war (Urteil des VG Sigmaringen vom 13. Februar 2019, 1 K 4335/17). Maßgeblich ist dabei der Grundsatz der sogenannten „Polizeifestigkeit“ einer Versammlung. Polizeifestigkeit bedeutet, dass die Polizei lediglich Maßnahmen auf versammlungsrechtlicher Grundlage (Versammlungsgesetz), nicht aber auf polizeirechtlicher Grundlage (Polizeigesetze der Länder bzw. des Bundes) treffen darf. Auf Grundlage des Versammlungsrechts ist eine Einkesselung nicht zulässig.
Die Polizei des Landes Baden-Württemberg hatte hingegen argumentiert, dass der Schutz der Versammlung nicht gegeben gewesen sei, weil die Versammlung von vornherein nach deren Auffassung unfriedlich gewesen sei. In diesem Fall sei keine vorherige Auflösung notwendig. Diese Auffassung widerspricht allerdings nicht nur der bisherigen Rechtsprechung, sondern insbesondere dem Gesetzeswortlaut des Versammlungsgesetzes. Dieses ist anwendbar auf sämtliche Versammlungen, gleichgültig ob friedlich oder unfriedlich.
Weil es offenbar ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart gibt, in welchem die Rechtsauffassung der Polizei unterstützt wird, hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Berufung zugelassen. Die Sache wird also voraussichtlich vor dem VGH Baden-Württemberg weiterverhandelt werden.
Neben der Einschließungsmaßnahme hat das Verwaltungsgericht noch eine Vielzahl weiterer Maßnahmen für rechtswidrig erachtet, darunter die Identitätsfeststellung, die Fixierung mit Kabelbindern, das Vorenthalten von Wasser, die fehlende Möglichkeit eines Toilettengangs etc.
Rechtsanwalt Sven Forst
Über den weiteren Verlauf dieses Verfahrens bis zum Bundesverwaltungsgericht berichten wir hier.