Regel 1:
An nicht jeder Entscheidung, die im Ergebnis falsch ist, muss der Anwalt schuld sein. Wenn der Anwalt alle Argumente rechtzeitig vorgetragen hat und das Gericht trotzdem falsch entscheidet, kann man den Anwalt dafür nicht zur Rechenschaft ziehen. Das Gericht selbst allerdings haftet für Fehler nur dann, wenn strafrechtlich eine Rechtsbeugung vorliegt, (also vorsätzliche Falschentscheidung). Um den Unterschied zu erläutern: Wenn ein Rechtsanwalt die zentrale juristische Zeitung nicht spätestens nach einem Monat zur Kenntnis genommen hat und deswegen es unterlässt, das Gericht auf eine für seinen Mandanten günstige höchstrichterliche Rechtsprechung hinzuweisen, so kann dies ein Anwaltsfehler sein. Wenn ein Richter hingegen grundsätzlich die Zeitung gar nicht liest und deswegen falsch entscheidet, weil er es nicht besser weiß, hat dies für ihn keinerlei Folgen.
Regel 2:
Der Mandant muss den Fehler des Anwaltes beweisen. Natürlich gibt es eindeutige Fehler des Anwaltes (z.B. Fristversäumnis), geht es aber um den Inhalt der mündlichen Beratung so muss der Mandant den Inhalt der Besprechung beweisen (falls der Anwalt eine andere Darstellung gibt). Wichtig ist daher oft, was sich aus dem Schriftverkehr mit dem Anwalt ergibt. Es kann durchaus sinnvoll sein, nach einer mündlichen Besprechung dem Anwalt eine Notiz mit dem Thema: „So habe ich unser Gespräch vom… verstanden“ zu schicken.
Regel 3:
Der anwaltliche Fehler ist immer nur ein erster Schritt und in vielen Fällen nicht einmal der entscheidende.
Selbst wenn der anwaltliche Fehler nachgewiesen ist besteht ein Anspruch nur dann, wenn nachgewiesen werden kann, dass der vom Mandanten ganz oder teilweise verlorene Prozess ohne den Fehler gewonnen worden wäre. Dabei ist die Prozesssituation in doppelter Hinsicht ungünstiger, als sie im ursprünglichen Prozess wäre. Der Anwalt ist nicht an seine Schweigepflicht gebunden, d. h. er kann aus dem Mandatsverhältnis auch Tatsachen vortragen, die im Vorprozess nicht vorgetragen worden wären. Noch gravierender ist allerdings, dass die Gegenpartei des Vorprozesses in Haftpflichtprozess als Zeuge in Betracht kommt. Es kann also durchaus Situationen geben, in denen die Gegenpartei im ursprünglichen Prozess nicht in der Lage gewesen wäre, den eigenen Vortrag zu beweisen, nunmehr aber im Anwaltsprozess der Anwalt sich auf die Angaben der Gegenpartei berufen kann und diese auch insoweit Zeugenaussagen machen kann. Es entspricht leider auch unseren Erfahrungen, dass noch immer bei vielen Gerichten Anwälte einen „Glaubwürdigkeitsvorsprung“ vor der Partei haben.
Regel 4:
Denken Sie an die Verjährung. Die Verjährung beträgt drei Jahre. Sie beginnt mit der Kenntnis vom Anwaltsfehler und dem Eintritt des ersten (Teil)schadens. Im Falle gerichtlicher Verfahren ist der erste Teilschaden regelmäßig mit der ersten negativen Gerichtsentscheidung eingetreten, selbst wenn anschließend Rechtsmittel eingelegt werden. Es kann also sein, dass die Verjährung schon in der laufenden weiteren Vertretung durch den Anwalt eintritt. Tatsächlich ist die Verjährung komplizierter und kann auch später eintreten, wenn Sie aber auf der sicheren Seite seien wollen, sollten Sie eher knapp rechnen.
Zusammenfassung:
Wir wollen Sie sicherlich nicht davon abhalten, Haftungsprozesse gegen Rechtsanwälte zu führen. Sie sollten sich allerdings von Anfang im klaren sein, dass es sich dabei eventuell ein langjähriges und in vielen Fällen durchaus risikobehaftetes Vorgehen handelt. Steht bei der Haftung ein Rechtsgebiet zur Diskussion, in dem wir nicht tätig sind (z.B.Kapitalanlagerecht), so übernehmen wir normalerweise auch keine entsprechenden Haftungsprozesse.